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Donnerstag, 10. Juli 2014

Unerwartet







Nachdem ihr Lebensgefährte nach langer Krankheit verstorben war und sich in Deutschland auch auf dem Arbeitsmarkt nichts mehr für sie bot, hatte sich Sarah Klein vor einigen Jahren dazu entschieden die Segel zu streichen und ihr Glück in den USA zu versuchen.
Da sie selbst nie ein Kind bekommen hatte, aber trotzdem gut mit den Kleinen umgehen kann, dachte sie sich, daß es doch vielleicht eine Möglichkeit wäre im Bereich Tagesmutter nach dem passenden Job zu suchen.
Also wandte sich Sarah an eine Institution, die darauf spezialisiert ist, Länder übergreifend Stellen im Bereich Kinderbetreuung zu vermitteln.
Mit den Angaben zu ihrer Person, ungebunden und daher immer frei verfügbar, hatte sich bald ein passender Kandidat gefunden.
Sarah sollte zu einem ersten Gespräch reisen, damit sich der Vater zweier Kinder ein Bild von ihr machen konnte.
Er hatte ihr Profil gelesen, auch den Umstand, daß sie eigentlich keine Erfahrungen mitbringen würde, doch da seine Frau bei der Geburt seiner Tochter gestorben war, brauchte er unbedingt jemanden und daher wollte er es auf einen Versuch ankommen lassen.
Also bezahlte er Sarah den Flug und ließ sie von der ortsansässigen Filiale der Vermittlungsfirma abholen und zu ihm bringen.

Ohne überhaupt zu wissen, zu wem sie ihre Reise führen würde, war Sarah an dem grauen Morgen vor 5 Jahren in Deutschland ins Flugzeug gestiegen.
Eine Mischung aus Nervosität und Vorfreude hatte sie den ganzen Flug über begleitet und auch auf dem Weg zu ihrem evtl. neuen Arbeitgeber wurde es nicht besser.
Ganz im Gegenteil, eher schlimmer.
Die Einfahrt zu dem riesigen Anwesen hatte sie schon aus den Socken gehaun, aber dann sollte es noch überraschender kommen.
Als er plötzlich vor ihr stand, wäre Sarah beinahe vor Schock in Ohnmacht gefallen.
Sie kannte Julian schon aus dem TV, aber ihn real in voller Lebensgröße vor sich zu sehen, mit dem Wissen, daß sie vielleicht bald seine Kinder hüten soll, war für den Moment doch recht viel.
Nachdem sie ihren kleinen beinahe Ohnmachtsanfall überwunden hatte, sollte erst einmal ein Gespräch mit Julian für Klarheit sorgen und dann folgte das Kennenlernen mit den Kindern.
John, zu dem Zeitpunkt schon 6 Jahre alt, war zwar nett und durchaus interessiert an der jungen Frau, die nun für ihn sorgen sollte, doch natürlich auch nicht wirklich begeistert, denn schließlich hatte er erst vor Kurzem seine Mutter verloren und die wollte er wieder - und nicht ersetzt haben.
Bei der gerade mal 5 Monate alten Julie hatte es Sarah schon etwas einfacher.
Die Kleine schien sich sofort in den Armen der Unbekannten wohl zu fühlen.

Sarah hatte es geschafft mit den Kindern ein wirklich tolles Verhältnis aufzubauen, zumal sie sehr oft mit ihnen allein war, da Julian als Schauspieler schließlich oft zu arbeiten hatte.
So bekam sie auch die ersten Worte Julies mit, die sie freuten und gleichzeitig schockierten.
Da Julie keiner anderen Frau in ihrem Leben so nah wie Sarah war, hätte man es durchaus kommen sehen können.
Das erste Wort, welches über Julies Lippen kam, war Mama.
Sarah wußte nicht, wie sie damit umgehen sollte und hatte Julian angerufen, der sich damit natürlich auch erst einmal auseinander setzen mußte.
Nach einer Weile hatte er sich aber dazu entschieden zu akzeptieren und den Dingen ihren Lauf zu lassen, denn schließlich ist Julie zu dem Zeitpunkt noch viel zu klein gewesen, als daß man ihr schon hätte erklären können, daß Sarah nicht ihre Mama ist.
Als John allerdings eines Tages seinen Vater aufsuchte und ihn darum bat Sarah ebenfalls Mama nennen zu dürfen, sollte das ein entscheidender Wendepunkt der Familie werden, denn nun begann Julian in Sarah eher ein Familienmitglied als eine angestellte Kraft zu sehen.
Zwar waren seine Gefühle nur freundschaftlicher Natur, aber dennoch war es, als ob sich endlich wieder alles so zusammengefügt hätte, wie es sein sollte.

Als Sarah am Morgen, 5 Jahre später, wach wurde, fand sie auf ihrem Nachttisch einen Umschlag.
Julian war offenbar nachts von seiner Reise zurückgekehrt und hatte sich noch in ihr Zimmer geschlichen.
In dem Umschlag befand sich eine Karte mit der Aufschrift Danke.
Er hatte ihr ein paar Zeilen geschrieben, in denen er sich für die letzten Jahre bei ihr bedanken wollte.
Weil sie so gut für seine Kinder sorgte und auch so manches Mal ihre Schulter für ihn gab, wenn ihn die Traurigkeit mal wieder einholte.
Nun hatte er sich überlegt ihr mal eine Freude zu machen und sie zu einer Veranstaltung mitzunehmen, zu der er eingeladen war.
Daher habe er die Kinder für den heutigen Tag schon zu den Großeltern gebracht, damit sie sich voll und ganz darauf konzentrieren könne, sich hübsch zu machen und was Frauen sonst noch so täten, wenn sie vorhaben auszugehen.
Er würde sie dann am Abend abholen kommen.
Sarah konnte sich vor Freude kaum auf den täglichen Ablauf konzentrieren.
Bis sie es endlich geschafft hatte, sich an den Tisch zu setzen, um ihr Frühstück einzunehmen, hatte es doch länger als sonst gedauert.
Sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen, so voller Erwartungen, wie zu Weihnachten, beim Warten auf die Bescherung.
Also machte sie sich erst einmal einen Plan, was sie unbedingt erledigen wollte, damit sie nichts vergißt.
Kleidung raus suchen, Baden, Haare aufdrehen, offen lassen, hochstecken, sie hatte keine Ahnung und die Zeit schien nur so zu rennen.
Trotzdem schaffte sie es tatsächlich am Abend top auszusehen und sich wie eine Prinzessin zu fühlen.

Eine Großveranstaltung, zu der alles geladen war, was Rang und Namen hat.
Das sollte interessant werden.
Sarah als niemand zwischen all den Größen aus Film und Fernsehen.
Natürlich war sie aufgeregt, bei so vielen Menschen, die sie schon immer mal hatte kennenlernen wollen und nun bot sich tatsächlich die Möglichkeit.
Nach vielen Reden, gemeinsamem Speisen und noch mehr Reden sollte es nun bei einer After Show Party weiter gehen.
Hier wurde natürlich auch getanzt und ehe sich Sarah versah stand da plötzlich jemand vor ihr, um sie zu einem Tanz zu bewegen.
Sie traute ihren Augen nicht.
Es war tatsächlich Stephen Amell, den sie als Green Arrow jede Woche auf der Couch vor dem Fernseher anhimmelte.
Nun war ruhig Blut angesagt.
Man sagt sich zwar immer, daß Schauspieler auch nur Menschen wie du und ich sind, aber wenn man dann erst einmal vor einem steht, der es geschafft hat, mit der Rolle die er im TV verkörpert, deinen Verstand zu vernebeln, dann sieht das Ganze schon anders aus.
Daher ermahnte sich Sarah bloß nicht wie ein wildgewordener Teenie zu kreischen oder vor Aufregung kein Wort herauszubekommen.
So atmete sie einmal tief durch und nahm dann mit Freuden die Aufforderung an.

Es sollte nicht bei einem Tanz bleiben.
Sarah genoß jede Bewegung mit Stephen.
Sie unterhielten sich über alles Mögliche, wobei ihm zunächst gar nicht aufzufallen schien, daß er gar nicht wußte wer sie war.
Erst als es spät wurde und Julian Sarah ein Zeichen gab, daß es Zeit zu gehen sei, machte Stephen Anstalten ihren Namen in Erfahrung zu bringen.
Nun hatte sie aber Gefallen daran gefunden die Unbekannte zu sein und so setzte sie alles auf eine Karte.
Sarah sagte ihm, daß sie ihren Namen nicht preisgeben wolle.
Wenn er aber wirklich Interesse daran habe ihre Identität zu kennen und sie wiedersehen wolle, dann müsse er schon Nachforschungen anstellen.
Und dann gingen die Pferde mit ihr durch.
Plötzlich erwischte sie sich dabei wie sie ihm sagte, daß er ihr dann aber als Arrow erscheinen solle.
Sie hatte es noch gar nicht ganz ausgesprochen, als sie sich schon für diese Aussage zu schämen begann.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht ?
Stephen mußte sie ja für völlig durchgeknallt halten.
Wenn er vielleicht etwas für sie übrig gehabt haben sollte, dann wäre es nach dieser Aussage total verflogen.
Da machte sich Sarah auch nichts vor.
Den Mann würde sie nie wieder sehen und wenn sich ihre Dummheit rumspräche, würde sie wahrscheinlich auch kein zweites Mal eine Chance bekommen, überhaupt jemanden außerhalb ihrer Kompetenzen wieder zu sehen.

Alles war wieder normal.
Kinder hüten, in der Freizeit spazieren gehen, den Haus eigenenen Pool nutzen oder auch vor der Glotze sitzen.
Der Alltag hatte Sarah wieder und bald schon hatte sie auch die Peinlichkeit vergessen.
Als sie nach zwei Wochen am Abend in ihrem Zimmer stand und sich gerade ein gutes Buch aus dem Regal nehmen wollte, gingen plötzlich alle Lichter aus.
Da Sarah schon viel zu viele Krimis und Horrorfilme gesehen hat, wußte sie, daß das ein ganz schlechtes Zeiten ist, denn in so einer Wohngegend denkt man doch eher an Überfall, als an Stromausfall.
Plötzlich geht die Tür zu ihrem Zimmer auf und eine dunkle Gestalt betritt den Raum.
Vor Angst ist Sarah wie gelähmt.
Sie steht immer noch am Bücherregal, mit dem Rücken gegen die Borten gelehnt und versucht verzweifelt ihre Beine in Gang zu setzen, um flüchten zu können.
Die Gestalt bewegt sich, aber nicht auf sie zu.
Sarah hört ein Spannen und dann saust etwas ganz nah an ihr vorbei und prallt gegen die Wand.
In ihrem Kopf geht alles durcheinander.
Sie kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Und nun kommt die Gestalt langsam auf sie zu, näher und immer näher.
Als sie vor Sarah steht, kann diese den vermischten Geruch von Leder und herbsüßem Männerduft wahrnehmen.
Eine Hand greift nach ihr und dann hört sie die verzerrte Stimme der Gestalt sagen:
„ Sarah Klein, you have failed this city. “
Vor Erleichterung und gleichzeitiger Neuanspannung rutschte Sarah das Herz glatt eine Etage tiefer, als ihr bewußt wurde, daß Stephen ihrem Wunsch nachgekommen war, sie als Arrow zu besuchen.

To be continued






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